
Durch Weinreben ist es möglich, das Wohnumfeld mit geringem Aufwand ästhetisch und ökologisch zu bereichern. Man kann mit ihnen eintönige Fassaden und kahle Wände beranken und dabei schmackhafte Früchte ernten. Aber auch ein Sitzplatz unter einer Pergola profitiert von der Ausstrahlung eines Weinstockes, der sich als schützendes Dach darüber breitet. Weinstöcke können fast überall gut gedeihen, wenn sie an einem geschützten, sonnigen Standort angepflanzt und sachgerecht gepflegt werden. Für den richtigen Aufbau des Stockes, eine gleichmäßige Verteilung der Fruchttriebe und die gleichbleibende Qualität der Früchte sind Schnitteingriffe notwendig. Somit ist der fachgerechte und regelmäßige Schnitt bei den Reben die wichtigste Pflegearbeit.
Pflanzung und Pflanzschnitt
Der beste Zeitpunkt für die Pflanzung ist Mitte April bis Ende Mai, weil die Reben im sich erwärmenden Boden rasch anwachsen und witterungsbedingte Ausfälle vermieden werden können. Bei bewurzelten einjährigen Pfropfreben sind die Wurzeln unmittelbar vor dem Pflanzen auf ca. 10 cm einzukürzen und der Edelreistrieb auf ein sichtbares Auge zurückzuschneiden. Um ein Austrocknen zu verhindern, wird im Gegensatz zu anderen Obstarten der einjährige Trieb 1 - 2 cm über dem Auge geschnitten. Es hat sich bewährt, Pfropfreben vor der Pflanzung ca. 24 Stunden in warmes Wasser zu stellen. Bei getopftem Pflanzgut wird kein Wurzelschnitt durchgeführt, lediglich Wurzelverfilzungen werden gelockert oder einschnürende Ringwurzeln sorgsam entfernt. Topfreben werden im unbelaubten Zustand ebenfalls auf ein Auge des Edelreises, im belaubten Zustand aber erst im kommenden Frühjahr zurückgeschnitten. Entsprechend der Größe der Rebpflanze wird die Pflanzgrube ausgehoben. Auf der Sohle formt man einen kleinen Erdkegel, auf dem die Wurzeln der Pfropfrebe sternförmig ausgebreitet werden. Die richtige Pflanztiefe ist erreicht, wenn die Veredelungsstelle noch etwa 3 cm über die Erdoberfläche hinausragt. Nach dem Auffüllen des Pflanzloches mit humoser Erde häufelt man auch über den Pfropfkopf etwas Erde, um das Edelauge zusätzlich vor dem Austrocknen zu schützen. Es ist immer notwendig, die Rebe mit einem Stab zu versehen, damit der junge Austrieb geradlinig aufgebaut werden kann.
Erziehung und Erziehungsschnitt
Zur Erziehung eines geraden Stammes wird grundsätzlich nur ein kräftiger Trieb belassen. Dieser muss regelmäßig an einer Rankhilfe angebunden werden. Geiztriebe, die sich aus den Blattachseln entwickeln und den Stammaufbau behindern, werden im noch glasigen Zustand vorsichtig ausgebrochen. Auch im folgenden Jahr dient der Schnitt dem Stammaufbau. Hat das einjährige Stämmchen noch nicht Bleistiftstärke erreicht, so wird es nochmals auf ein Auge über der Veredelungsstelle zurückgeschnitten, damit der Neutrieb kräftiger wird. Dies ist vorwiegend dort der Fall, wo Stämme mit größerer Länge (z. B. Pergola) gewünscht werden. Wurde ein ausreichend dickes Stämmchen mit entsprechender Länge gebildet, wird es im März des folgenden Jahres dort eingekürzt, wo die Seitenarme entstehen sollen (angestrebte Stammhöhe zuzüglich 2 bis 3 Augen).
Weinstock an der Pergola
Da Pergolen eine Durchgangshöhe von etwa 2,5 m haben sollten, wird der Stamm in zwei Etappen gebildet. Dazu wird im Jahr nach der Pflanzung der kräftigste Trieb auf etwa 1,2 m angeschnitten. Hat der einjährige Trieb noch nicht Bleistiftstärke erreicht, so wird auch hier auf ein Auge über der Veredelungsstelle zurückgeschnitten und im Folgejahr auf 1,2 m eingekürzt. Vom Neuaustrieb belässt man nur die beiden obersten Triebe und streift die restlichen Ende Mai ab. Diese verbleibenden Stammverlängerungen werden senkrecht an der Rankhilfe aufgeleitet und im kommenden Jahr auf die endgültige Stammhöhe angeschnitten. Nun kann mit der Erziehung eines waagrechten Kordons begonnen werden. Dazu bindet man die obersten Triebe bereits während der Vegetationszeit in die Richtung der gewünschten Kordonarme. Die weitere Erziehung folgt den Schnittregeln eines waagrechten Kordons. Der endgültige Aufbau eines Weinstockes an einer Pergola kann gut 10 Jahre in Anspruch nehmen.
Senkrechter Kordon
Zum Aufbau eines einarmigen, senkrechten Kordons wird im 3. Standjahr die kräftigste der sich im Vorjahr am Stammkopf entwickelten Ruten ausgewählt und auf 6 - 10 Augen eingekürzt. Die beiden unmittelbar darunter stehenden Ruten werden auf Zapfen geschnitten. In den folgenden Jahren kann der Kordon mit einer jeweils auf 6 - 10 Augen eingekürzten Stammverlängerung bis zur gewünschten Höhe vergrößert werden. Auch hier werden die beiden darunter stehenden Ruten auf Zapfen geschnitten. Auf diese Weise erreicht man eine etagenweise Anordnung der Seitentriebe. Um einen ausgewogenen Aufbau des Weinstockes zu erzielen, ist bei allen senkrechten Kordonformen ein Mindestabstand der Zapfen von 20 cm einzuhalten. Mit regelmäßigen Schnitteingriffen erhält man die Austriebswilligkeit aus dem alten Holz heraus und wirkt so einer Verkahlung der Kordonbasis entgegen. Auf die gleiche Weise kann man mit zwei Ruten einen zweiarmigen senkrechten Kordon aufbauen, dessen Arme mindestens 1 m voneinander entfernt sein sollten. Hierzu werden zwei gleichstarke Triebe am Kopf des Stammes zunächst waagrecht gebunden. Die beiden Triebverlängerungen werden im kommenden Jahr senkrecht formiert. Die weiteren Schnittmaßnahmen folgen den Grundsätzen der bereits beschriebenen Erziehung des senkrechten Kordons.
Waagrechter Kordon
Beim waagrechten Kordon wird der Stamm in der gewünschten Höhe mit waagrechten Stammarmen verlängert. Zum Aufbau wird zunächst nur ein Trieb am Stammkopf zur Anlage des ersten Armes verwendet. Im darauf folgenden Jahr kann mit einem weiteren waagrecht gebundenen Trieb ein zweiter Arm geschaffen werden. Auf den waagrechten Armen schneidet man zur Traubengewinnung im Abstand von 25 cm Zapfen an. Ist eine weitere Etage vorgesehen, zieht man später einen kräftigen Trieb nach oben. Er muss so lang sein, dass er in der vorgesehenen Höhe noch waagrecht gebunden werden kann. Ein Abstand zwischen den waagrechten Armen von 80 - 100 cm ist angemessen. Es ist auch zu beachten, dass die nächsthöheren Kordonarme in ihrer Ausbreitung immer kürzer als die unteren gehalten werden müssen, um einen gleichmäßigen Wuchs auf allen Etagen zu erzielen. Durch das auch am Weinstock gültige Wachstumsgesetz der Oberseitenförderung würden ansonsten die unteren Kordonarme verkahlen. Zur Erleichterung der Pflege sollte man die Bekleidung der Wandflächen auf zwei Etagen beschränken.
Fruchtholzschnitt (Zapfenschnitt)
Reben können nur Tragruten ausbilden, wenn diese aus einem vorjährigen verholzten Trieb entspringen. Demnach müssen die letztjährigen Tragruten stets zum Winterausgang wieder auf Zapfen zurückgeschnitten werden, damit neue Tragruten entstehen können. Um starkes „Bluten" zu vermeiden, sollte der Schnitt von Reben im März durchgeführt werden. Die Triebe werden dabei auf ein kurzes Triebstück mit zwei Augen (=Zapfen), zurückgeschnitten. Aus diesem entwickeln sich meistens zwei fruchtende Triebe (Tragruten), die im Sommer Früchte tragen. Im darauf folgenden Winter wird der äußere Trieb mit seiner Zapfenbasis entfernt, der stammnahe wieder auf zwei Augen geschnitten. Da dieser Schnittvorgang Jahr für Jahr gleich bleibt, rückt die Ertragszone immer weiter vom Stamm ab. Die Trauben werden kleiner und der Ertrag geringer. Man muss deshalb in gewissen Zeitabständen die mehrjährigen Zapfenstümpfe auf einen stammnahen Trieb zurücknehmen und diesen wieder auf Zapfen schneiden.